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Schon vor 100 Jahren wurde der gesundheitsfördernde Effekt der Symbioselenkung von lllja Metschnikoff in Versuchen nachgewiesen, für die er 1908 den Nobelpreis im Fachbereich Immunologie erhielt.

Generell wird der Einfluß der Darmflora auf die Gesundheit des Menschen unterschätzt, auch heute noch! Der Darm wird oft nur als ein reines Verdauungsrohr angesehen mit der Aufgabe der Nahrungsaufnahme und der Ausscheidung unverdaulicher Reste.

Doch neben dieser Aufgabe hat der Darm eine eminente Bedeutung für unser lmmunsystem. Denn mit der Nahrungsaufnahme passieren nicht nur wünschenswerte Nahrungsbestandteile das Darmlumen, sondern gleichzeitig kommt die Darmschleimhaut massiv mit Giften, Bakterien, Viren, Pilzen und Parasiten in Berührung. Er muss folglich eine immunologisch wirkungsvolle Barriere zum Schutz des gesamten Organismus gegen diese zum Teil höchst gefährlichen Fremdstoffe bilden. Dies drückt sich bereits darin aus, dass ca. 80% des lymphatischen Apparates im Intestinaltrakt angesiedelt sind.

Mit seiner Gesamtoberfläche von 500 – 700 m² (im Vergleich dazu hat die Lunge nur eine Oberfläche von 90 – 120 m² und unsere Haut nur von ca. 2 m²) enthält die Darmschleimhaut dreimal mehr Immunzellen als Knochenmark, Milz und Lymphknoten zusammen und stellt somit das größte immunologische Organ im menschlichen Körper dar.

Gelangen krankhafte Keime oder Gifte in die Darmschleimhaut, so werden diese vom nachgeschalteten darmassoziierten Immunsystem GALT (= gut-associated lymphoid tissue = Darmbegleitendes Lymphsystem) wirksam eliminiert. Hierbei werden sowohl das humorale Abwehrsystem (Antikörper etc.) über die B-Lymphozyten wie auch das zelluläre Abwehrsystem (Killerzellen etc.) über die T-Lymphozyten und Makrophagen in Anspruch genommen. Nach Kontakt und Stimulation wandern dann die lmmunzellen, speziell die lgA (Ig = Immunglobulin = Antikörper) produzierende Plasmazellen, aus dem Darm in den Körper und besiedeln u.a. die Speicheldrüsen, die Lunge, den Harn- und Geschlechtstrakt und die Brust stillender Frauen. Durch den massiven Kontakt mit diesen unterschiedlich vielen Fremdstoffen, mit denen der Darm wie kein anderes Organ permanent belastet ist, wird er somit zu einem wichtigen Faktor für die augenblickliche Immunitätslage.

Bei dieser Abwehrleistung wird der Darm von ca. 100 Billionen Bakterien unterstützt, die sich teils im Darmlumen aufhalten, teils über spezielle Oberflächenstrukturen an der Darmschleimhaut anhaften. Damit ist die Anzahl der Mikroorganismen im Darm mehr als zehnmal so groß wie die Anzahl der Körperzellen des Menschen! Diese Mikrobenmassen, von denen 99% zu den Anaerobiern (Bakterien, die keinen Sauerstoff vertragen können) gehören, produzieren u.a. Vitamine, essentielle (unentbehrliche, vom Körper nicht selbst herstellbare) Aminosäuren, Hormone, Enzyme, Fermente, antibiotisch wirksame Stoffe, Farbstoffe, kurzkettige Fettsäuren zur Energieversorgung der Darmschleimhaut und freie Radikale und sind auch für die tägliche etwa 1,5 l Gasproduktion im Dickdarm verantwortlich. Sie erbringen eine Stoffwechselleistung, die der Intensität der Leberleistung gleichkommt.

Die Mikroorganismen bestehen aus über 500 verschiedenen Spezies, die sich in unterschiedlicher Weise über den Magen-Darm-Trakt verteilen.

Die Besiedlung des Darms mit diesen Mikroorganismen ermöglicht erst ein Leben in unserer Umwelt. Werden keimfrei aufgezogene Tiere aus ihrer Isolation genommen und in die normale mikrobiell kontaminierte Umwelt gebracht, so sterben diese innerhalb kürzester Zeit. Erst die Verabreichung der speziesspezifischen Darmsymbionten führt zur Ausbildung eines funktionstüchtigen Immunsystems, welches vor Infektionskrankheiten und Allergien schützt.